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Fatal für Frauen. Kommentar zum Lagebericht Türkei Juli 2001  
 

>>> Seite 5:

Auch die letzte Razzia bei der Menschenrechtsstiftung der Türkei (TIHV) vom 7.9.2001 in Diyarbakir, bei der Patientenakten von Folteropfern, Adressenlisten von Ärzt/innen, die Folteropfer behandeln, sowie Computer beschlagnahmt wurden, zeugt von einem Klima, das Therapien unmöglich macht.

Diese Razzia war kein Einzelfall, wie das Auswärtige Amt an anderer Stelle des Lageberichts (S. 13) selbst feststellt, sondern ist Beispiel für eine regelmäßige Kriminalisierung der sich um Folteropfer bemühenden Organisationen und ÄrztInnen. Erwähnt seien an dieser Stelle noch die Ermittlungen und die Disziplinarverfahren gegen die Ärztinnen des "Psychosozialen Traumazentrums der Universität Capa-Istanbul, medizinische Fakultät" wegen "des Verdachts der Unterstützung terroristischer Organisationen" im Jahr 1999, nachdem sie Mandantinnen des Frauenrechtsbüros Istanbul behandelt und Gutachten erstellt hatten, in denen ein Zusammenhang zwischen erlittener sexueller Folter und Traumatisierung hergestellt worden war.

Dieses Zentrum ist die einzige in der Türkei vorhandene Stelle, die sich auf "Gewalt gegen Frauen" spezialisiert hat und fachlich in der Lage wäre, entsprechende Therapien durchzuführen. Nach Einleitung der erwähnten Disziplinarverfahren befürchten jedoch auch die dortigen Ärztinnen erneute Repressionen. Auch insofern ist die Versorgungslage demnach massiv unzureichend.

Bezüglich der Finanzierung der medizinischen Versorgung wird im Lagebericht erwähnt, dass mittellose Personen von der Gesundheitsverwaltung eine "Grüne Karte" (yesil kart) bekommen und sich darüber kostenlos behandeln lassen können. Nach unserem Kenntnisstand wird diese Karte seit einiger Zeit, wenn überhaupt, nur vom Bürgermeister oder der Gendarma ausgestellt, die hierfür zunächst die Einholung eines polizeiliches Führungszeugnisses verlangen. Aus Angst vor Repression verzichten viele Menschen auf die Beantragung eines solchen. Abgesehen davon sind die Leistungen, die die yesil kart verspricht, unzureichend und umfassen effektive therapeutische Behandlung nach Traumatisierung durch auf diesem Gebiet spezialisierte Fachkräfte nicht, so dass privat zugezahlt werden muss.

Insgesamt ist der neue Lagebericht von Auslassungen und Fehlern geprägt. Es kann nur vermutet werden, daß hierbei politische Motive wie gute diplomatische Beziehungen zum türkischen Staat oder der Wunsch nach geringeren Anerkennungsquoten in Asylverfahren in Deutschland, eine Rolle gespielt haben.

Wir werden in naher Zukunft unsere Kritik durch Beispiele und Belege konkretisieren und stehen für Nachfragen gerne zur Verfügung.

Berlin, den 4.10.2001
FrauenRechtsBüro gegen sexuelle Folter e.V.

 
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