Am 31. August 2001 benutzten zwei
türkische Polizisten, die nicht im Dienst waren,
den Vorwand einer Ausweiskontrolle, um eine Frau, Leyla
B., zur Mitfahrt zu zwingen. Nach Bedrohung mit einer
Pistole brachten sie sie zwangsweise in ein Hotelzimmer
und einer der Polizisten vergewaltigte Leyla B.
Unterdessen versuchte die Freundin von Leyla B. zusammen
mit zwei herbeigeholten Bekannten, dieser zu helfen
und sie aus dem Hotelzimmer zu befreien. Jedoch weigerte
sich der Portier, ihnen zu sagen, welches Zimmer er
an die beiden Polizisten mit der schreienden Frau vergeben
hatte.
Daraufhin fuhren sie zur Polizeistation von Sile (Touristenort
an der Schwarzmeerküste der Türkei), wo sie
nach einer Dreiviertelstunde einen älteren Beamten
davon überzeugen konnten, eine Streife in das Hotel
zu schicken. Leyla B. wurde auf die Polizeistation gebracht,
wo man sie allerdings zwei Stunden warten ließ,
um dann Fotos von ihr zu machen, auf denen man sieht,
daß sie mißhandelt worden ist.
Auch ihr Vergewaltiger war auf der Polizeistation: Er
stolzierte die ganze Zeit mit der Pistole am Gürtel
vor ihr herum. Sämtliche anwesenden Beamte versuchten
Frau B. einzuschüchtern, damit sie keine Anzeige
erstatte.
Sie hat aber letztlich doch den Mut und die nötige
Unterstützung in ihrer Umgebung gefunden, die Verurteilung
der beiden Polizisten zu fordern:
Sie erstattet Anzeige. Am 23. Januar 2002 ist der erste
Prozeßtag, an dem sich erst einmal herausstellt,
daß der gynäkologische Befund der Gerichtsmedizin
aus den Gerichtsakten verschwunden ist. Während
der Richter Leyla B. immer wieder anfährt, sie
solle nicht so stockend erzählen, hört dieser
anschließend den Aussagen der Polizisten wohlwollend
zu.
Die Polizisten leugnen die Vergewaltigung, indem sie
es als freiwillige Prostitution darstellen. Hierbei
machen sie sich ein in der Türkei weitverbreitetes
Vorurteil gegen Frauen aus Rumänien, Bulgarien
oder den GUS-Staaten zu Nutze.
Leyla B. ist türkische Staatsangehörige rumänischer
Herkunft. Sie wird inzwischen durch das Istanbuler Projekt
"Rechtliche Hilfe für Frauen, die von staatlichen
Sicherheitskräften vergewaltigt oder auf andere
Weise sexuell mißhandelt wurden" anwaltlich
vertreten.
Der Prozeß wurde zunächst auf den 4. Juli
2002 und dann auf den 24. September 2002 vertagt.
Das Gericht hat offensichtlich keine Eile, die beiden
Polizisten zu verurteilen. Jedoch schätzt das Istanbuler
Rechtshilfeprojekt die Chancen, daß sie verurteilt
werden, recht hoch ein, da die Beweise erdrückend
sind. Hinzukommt, daß die Vergewaltigung sich
als die Ausnahmetat eines (alkoholisierten) Einzeltäters
hinstellen läßt. Damit würde die türkische
Justiz keinerlei Hinweis darauf geben, daß staatliche
Sicherheitskräfte in der Türkei in einer systematischen
Weise sexualisierte Folter gegen festgenommene Frauen
anwendet.
Inzwischen vertraut Leyla B. quasi keiner Einrichtung
mehr, abgesehen von dem Istanbuler Rechtshilfeprojekt.
Sie macht eine harte Zeit durch. Ihr Ehemann, mit dem
sie seit 12 Jahren in der Türkei lebt und drei
Kinder hat, ist aufgrund des Aufsehens, das die Strafanzeige
gegen die Polizisten zur Folge hatte, entlassen worden.
Die Familie weiß nicht mehr, wovon sie leben soll.
Deshalb unser Aufruf:
Über die Aufforderung, den Prozeßverlauf
zu verfolgen, hinaus, bitten wir, Leyla B. und ihre
Familie materiell zu unterstützen. Das Mindeste,
was die Familie braucht, sind die Miete in Höhe
von umgerechnet ca. 160,- Euro und noch einmal 160,-
Euro für das tägliche Leben.
Da es aus Gründen staatlicher Repression nicht
möglich ist, Frau Leyla B. die Spendengelder direkt
zu überweisen, möchten wir Sie bitten, - wenn
möglich fortdauernde - Zahlungen auf folgendes
Konto leisten:
Postbank Berlin
BLZ 100 100 10
Kto-Nr. 507 993-104
Kto-Inh.: S. Rößling
Stichwort: Leyla B.
Das Berliner FrauenRechtsBüro wird dann schnell
und in regelmäßigen Abständen das eingegangene
Geld gesammelt weiterleiten. Spendenquittungen können
wir in diesem Fall leider nicht ausstellen.
Mit freundlichen Grüßen
FrauenRechtsBüro gegen sexuelle Folter e.V.
22. Juli 2002
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