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Neues Deutschland, 29.04.2002
Menschenrechte: Kampagne gegen türkische Anwältin nach einem Auftritt in Köln
 
 

Wegen Protest gegen Vergewaltigung von Frauen
Von Uwe Kalbe

In türkischen Medien findet derzeit eine Kampagne gegen eine Menschenrechtlerin statt, die sich gegen sexuelle Gewalt gegenüber Frauen durch türkische Sicherheitskräfte engagiert. Die Kampagne tangiert auch Deutschland.
Niemand hat das Recht, die türkische Armee und die türkischen Soldaten anzutasten." Die Warnung der türkischen Zeitung "Göczü" scheint sich gegen einen potenziellen Aggressor zu richten. Doch der "Gegner" ist die Anwältin Eren Keskin. Und der Vorwurf des "Antastens" wirkt angesichts des Problems, dem sie sich verschrieben hat, besonders deplatziert. Eren Keskin, stellvertretende Vorsitzende des Menschenrechtsvereins in der Türkei (IHD), wendet sich gegen Vergewaltigungen von Frauen durch türkische Sicherheitskräfte.

Projekt für betroffene Frauen

Die Vielzahl solcher Fälle hat sie und ihre Mitstreiterinnen zur Gründung eines Projekts bewogen, das sich gemäß ihrem Namen um "Rechtliche Hilfe für Frauen, die durch staatliche Sicherheitskräfte vergewaltigt oder auf andere Weise sexuell gefoltert wurden", widmet.
Auf einer Veranstaltung zum Internationalen Frauentag hatte Eren Keskin in Köln solche Fälle geschildert. Seitdem sieht sie sich dem Zorn türkischer Medien ausgesetzt. Unter dem Titel "Widerliche Worte der hässlichen Anwältin" forderte die oben genannte Zeitung, Keskin nicht in die Türkei zurück zu lassen. "Diese Frau soll aus der Türkei verschwinden..., soll sie doch in Deutschland bleiben."

Üble Worte in Zeitungen und im Radio

Die Wortwahl der Journalisten spricht Bände. "Wenn ich jetzt Eren Keskin bei der ersten Gelegenheit, wo ich ihr begegne, nicht sexuell anmache, wäre ich kein Mann", meinte ein Kommentator der Radiosendung "D". Und weiter: "Sie wollte wohl Folgendes sagen, diese Eren Keskin... warum macht ihr es mir nicht". Die Zeitung "Ikinci" kündigte an: "Wenn Eren Keskin zurückkommt, wird sie ihre sexuelle Belästigung bekommen." "Hierfür gibt es nur eine Bezeichnung: Das ist Verrat". So urteilte die Massenzeitung "Hürriyet". Die Kritik von Eren Keskin sei Vaterlandsverrat und ein Komplott. Staatsanwaltschaft, Innen- und Außenministerium hätten Ermittlungen aufgenommen.
Der Menschenrechtsverein IHD hat gemeinsam mit anderen Menschenrechtlern und Journalisten offiziell protestiert. Am Donnerstag schloss sich die Innenpolitische Sprecherin der PDS-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, dem Protest an. Sie forderte die Bundesregierung auf, "sofort bei der türkischen Regierung vorzusprechen und diesem unglaublichen Angriff auf die Menschenwürde von Frau Keskin entgegen zu treten".