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Im Abschnitt zur geschlechtsspezifischen
Menschenrechtslage (S. 29f) wird ignoriert, dass sexuelle
Folter sowohl als Methode des Verhörs als auch als Mittel
der "Kriegsführung" in der Türkei einschließlich der
kurdischen Gebiete weit verbreitet ist und systematisch
zum Einsatz kommt.
Bis heute haben sich an das
Istanbuler Frauenrechtsbüro gegen sexuelle Folter 150
Frauen gewandt, das Berliner Büro hat bislang 26 Anträge
erhalten. 25 Verfahren von Frauen gegen die staatlichen
Täter sexueller Folter sind mittlerweile nach Ausschöpfung
des innerstaatlichen Rechtswegs in der Türkei als Individualbeschwerde
beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig.
Die geschilderten Verfolgungserlebnisse lassen folgende
Muster ausmachen, die sexueller Folter zugrunde liegen:
- Geständnisse über vermeintliche
eigene politische Aktivitäten der Frauen oder solche
ihrer Angehörigen sollen erpreßt werden;
- Die betroffenen Frauen
sollen eingeschüchtert und von politischen Aktivitäten,
z.B. Engagement in der pro-kurdischen politischen
Partei HADEP, abgebracht werden;
- Die Frauen sollen für Aktivitäten
anderer Familienmitglieder "bestraft" oder als "Mittel"
eingesetzt werden, um andere, insbesondere männliche
Familienmitglieder zum "Sprechen" zu bringen;
- Allein die ethnische Zugehörigkeit
(meist kurdisch) soll "bestraft" und die weibliche
Identität der Betroffenen verletzt werden.
Sämtliche
Schilderungen der betroffenen Frauen sowie alle Informationen
zu den anhängigen Verfahren liegen dem Auswärtigen Amt
vor. Dennoch begnügt sich das Auswärtige Amt mit vagen
Formulierungen, wie z.B.: "Es gibt Berichte, wonach...festgenommene
Frauen und Mädchen.... vergewaltigt werden" ; Vorwürfe
"werden erhoben, lassen sich aber schwer überprüfen"
etc. und verschweigt so die systematische Anwendung
sexueller Folter.
Zwar gesteht das Auswärtige Amt in einem Halbsatz (S.
14f) zu, dass es "Verhöre und Mißhandlungen von Angehörigen
mutmaßlicher PKK-Kämpfer" gibt. Diese Lückenhaftigkeit
der Darstellung hat jedoch eine Verfälschung der Situation
zur Folge. Die angedeutete Form sogenannter "Sippenhaft"
betrifft in realiter vor allem Frauen und wird regelmäßig
unter Anwendung sexueller Übergriffe praktiziert. Die
bekannt gewordenen Fälle dieser Form der Verfolgung
wurden durch die Frauenrechtsbüros in Istanbul und Berlin
detailreich dokumentiert.
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